Bei Schwensby


Dr. Ulrich Wilkens


Am 5. Dezember 2022 fand in der Kirche in Struxdorf die Trauerfeier für Dr. Ulrich Wilkens statt, der am 26.11. nach längerer Schwäche in Schleswig verstorben ist. Ulrich Wilkens wurde am 7.6.1942 in Hannover geboren und wuchs mit zahlreichen Geschwistern in einem Pastorenhaushalt auf. Er studierte u.a. Germanistik und Volkskunde und promovierte erst mit 42 Jahren.
Aufgrund seiner Tätigkeit als Volkskundler auf dem Hesterberg in Schleswig berief man ihn in den Beirat unseres Heimatvereins und wählte ihn dann 2003 zum 1. Vorsitzenden. 2008 schied er aus dem Amt, da das Verhältnis zwischen ihm und dem restlichen Vorstand zerrüttet war.
Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens besuchte ich meine erste Frühjahrstagung des Heimatvereins. Deshalb kann ich mir über seine Zeit als 1. Vorsitzender kein Urteil erlauben. Aber Jahre später, schon als Schriftleiter, hatte ich geschäftlich mit Erika Fürst zu tun, die in Ekebergkrug eine sozialtherapeutische Einrichtung betreibt, in deren Leitung Ulrich Wilkens als ihr Lebensgefährte auch eingebunden war. In dem Zuge durfte ich an einem schönen Sommertag im Garten mit dem sehr vertraut wirkenden Paar frische Erdbeeren essen. Wir unterhielten uns angeregt über Volkskunde und Baukultur, erwähnten den Heimatverein aber mit keinem Wort.
Es mag sein, das Ulrich Wilkens nicht die optimale Besetzung für das ihm anvertraute Amt gewesen ist. Trotzdem werde ich den Menschen Ulrich Wilkens als klugen, zugewandten und interessierten Gesprächspartner in guter Erinnerung behalten.


Mathias Jürgensen

In memoriam
Ingeborg Jacobs
(1933–2023)

Horst Jordt
 

Ein Bewunderer spricht, …
… lässt jedoch gern einigen anderen, die
Eberhard Jacobs kondolierten, den Vortritt:


„Ingeborg war eine großartige Intellektuelle,
wie ich sie selten erlebt habe.“ (Prof. Bernd
Henningsen)


„Wir haben sie als eine ungewöhnlich belesene, hoch talentierte und literarisch begabte Frau in Erinnerung. Fürwahr, viele Menschen müssen mit weniger Talenten auskommen. Luz Marina erinnert sich sehr an die spanischen Zitate, die Deine Frau aus der Literatur zitieren konnte. Ich habe ihr Buch über die Nord-Schleswiger und ihre deutsch-dänische Familiengeschichte gelesen. Ein beeindruckendes Werk über Missverständnisse, gegenseitige Kränkungen, auch teilweiseVerfolgungen im deutsch-dänischen Verhältnis... Es waren nicht nur die Talente, die das Leben Deiner Frau prägte. Eine große Familie, ein Beruf und so mancher persönliche Schicksalsschlag prägten das Leben Deiner Ehefrau ebenfalls.“(Jörg und Luz Marina Lehnert),… wobei der Tod des Sohnes Hans-Christoph zweifel-
los der unvergesslich Schmerzhafteste war.
Während der zwei Jahrzehnte meines Lebens in Indonesien sandte meine Mutter mir 2011 „De Sack in de Bohm“ mit dem Hinweis, es sei ein außerge- wöhnlich lesenswertes Buch, ich würde sogar mir Bekanntes darin entdecken. Unter dem Äquator wurde ich ‚zurückgebeamt‘ in wenige kurze Ferientage auf dem Hof der Familie Diederichsen in Lutzhöft, wo ich von Hans Diederichsen, dem stattlichen und Selbstbewusstsein ausstrahlenden Amtmann, so beeindruckt gewesen war, wie von der zurückhaltenden, warmherzigen Frau des Hauses angerührt. Ich erinnerte – wie man damals in Angeln sagte – sie sei eine liebenswerte, stille ‚Feine‘

Die Tochter Ingeborg lernte ich zu jener Zeit nicht kennen, denn sie war bereits Studentin an einem ihrer Universitätsorte Kiel, Freiburg oder Bonn, wo sie Deutsch, Englisch, Französisch und Theologie studierte. Stipendien in Spanien und Oslo weiteten bereits ihren Blick, bevor sie zwischen dem ersten Staatsexamen 1960 und dem zweiten 1963 ein Referendariat an einem Bonner Gymnasium absolvierte. 1963 heiratete sie ihren Osloer ‚Mitstipendiaten‘ Eberhard Jacobs. Sie lebten in Berlin, wo Ingeborg Jacobs neben der Erziehung von drei Söhnen und einer Tochter als Gymnasiallehrerin tätig war. Zwischen 1970–1976 lebte die Familie in Finnland, wo das Ehepaar Jacobs an der Deutschen Schule unterrichtete. 1978 – zurück in Berlin-Lichterfelde – bis zur Pensionierung führte Ingeborg Jacobs als Studienrätin Berufstätige zum Abitur, zweifellos immer getrieben von ihrer Obsession, der nachfolgenden Generation ein starkes Gefühl für Menschlichkeit und gegen Faschismus zu vermitteln … wie auch für Akzeptanz von bedrohten Minderheiten, für bildende Kunst, Musik und Literatur.

Dieses Engagement beeindruckte zweifellos auch alle Adressaten der alljährlich mit Spannung erwarteten Weihnachtsbriefe – abwechselnd von ihr wie auch von Eberhard Jacobs verfasst – eine Spiegelung des Alltags und der zahllosen Reisen eines intellektuellen Ehepaares in dauerhafter enger Kommunikation im Bereich der Kunst, der Musik und der Literatur.

Kinderbücher, von ihr illustriert, blieben unveröffentlicht, jedoch die zwei publizierten Werke sind nicht nur Chroniken eines Dorfes resp. einer Familie; sie sind Porträts einer ungewöhnlichen Frau mit tiefen Wurzeln in der schleswigschen Provinz und einem kosmopolitischen Horizont. „De Sack in de Boom – ein Dorf in Angeln 1933–1945“, Husum 2004 …
ein Buch, das im Angeliter Umfeld extrem kontrovers rezipiert wurde, von hasserfüllter Abwehr bis zur Bewunderung für die literarisch formulierten Wahrheiten ...
Die Gegner des Buches hatten offensichtlich überlesen, dass Hans Diederichsen von einem der Großbauern und führendem Nazi der winzigen Dorfgemeinschaft positiv gesprochen hatte. Obgleich dieser längere Zeit ‚fern der Heimat‘ im sog. ‚Ostland‘ im Baltikum, politisch tätig gewesen war, wo grausamste Vernichtung auf der Tagesordnung stand, betonte Hans Diederichsen: „Aber Teilhabe an solchen Verbrechen, das traute er ihm nicht zu, denn in seinem Dorf hatte sich Jacobsen, von seinem nazistischen Tick abgesehen, immer menschlich verhalten wie andere Bürger auch.“ (Seite 288 und auf Seite 277) „Hans war überzeugt, dass Georg Jacobsen während der 12 Jahreseine schützende Hand über ihn und seine Familie gehalten hatte“.
Die Sympathisanten verstanden den Text auf der Rückseite des Covers: „Die Geschichten, die in diesen biographischen Skizzen erzählt werden, sind zugleich ein Portrait eines kleinen Angelner Dorfes aus einer Zeit, in der man kein Krimineller sein musste, um ein Unmensch zu werden, aber häufig ein Held hätte sein sollen, um Anstand zu wahren… Dennoch zeigt sich, dass in all dem Dunkel stets Hoffnung bestand, dass auch Dissidenten in einer noch weitgehend intakten Dorfgemeinschaft überleben konnten.“
Dieses Buch gehört in die Bibliothek der hiesigen Schulen, um Schülerinnen und Schülern die Geschichte ihrer Heimat nahe zu bringen. – Es sei hier nur ein erschütterndes Ereignis dokumentiert, eine Bücherverbrennung im Altenteil des Hauses, in dem Johannes Diederichsen (1865–1948) lebte, der die Leihbücherei des ‚Heimatvereins der Landschaft Angeln‘ in seinen Räumen beherbergte. Zudem war er Verfasser zahlreicher Aufsätze, die in den Jahrbüchern des Vereins publiziert worden waren. Er war jedoch nicht nur ausgewiesener Heimatforscher, sondern – ungewöhnlich für einen Bauern jener Zeit – reiste er in den östlichen und westlichen Mittelmeerraum, nach England in die skandinavischen Länder bis zum Nordkap und in den Orient. Er war auch Autor von kritischen geschichtlichen Schriften, deren Inhalte der Nazi-Ideologie widersprachen. Eine Denunziation führte zum Besuch des stramm nationalsozialistischen Amtsvorstehers aus Terkelstoft samt eines Gefolgsmannes, die die Herausgabe der Aufsätze von Johannes Diederichsen erzwingen wollten. Dieser jedoch verbrannte seine eigenen handschriftlichen Texte mutig vor den Augen der neuen Nazi-Herrschaften im Ofen seines Wohnraumes.
Seine Enkelin Ingeborg Jacobs wäre jedoch unvollständig charakterisiert, wenn wir uns nicht ihres stillen, ironischen Humors erinnerten. Sie erzählt zum Beispiel folgende kleine Geschichte eines Dreijährigen, der vom heimischen 45-Hektar-Hof auf den 25-Hektar-Hof der Diederichsens blickt und verwundert fragt, wie es sein kann, dass bei so kleinen Bauern so grosse Weintrauben wachsen…
Das zweite von Ingeborg Jacobs veröffentlichte – ebenfalls ungewöhnliche Werk –, eine 542 Seiten umfassende Familien-Saga, fand nach der Veröffentlichung bedauerlicherweise zu wenig Aufmerksamkeit, weil durch den Corona-Ausbruch keine Autorinnen-Lesungen möglich waren: „Als aus Mummark Mommark wurde – Eine deutsch-dänische Familiengeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Briefen“(Husum 2020, ihleo verlag, Husum) Ich wünsche mir in der derzeitigen Post-Corona-Periode endlich Veranstaltungen zu diesem wichtigen Werk, möglichst in Kooperation zwischen dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) und dem Bund deutscher Nordschleswiger (BDN)

 

 

Annemarie Clausen * 24.04.1940 † 13.10.2021


Der Heimatverein der Landschaft Angeln trauert um Annemarie Clausen, die auch für uns plötzlich und unerwartet im 81. Lebensjahr verstarb.
Als langjährige Vertrauensfrau in Nübel wurde sie in der Region bekannt. Diese Tätigkeit übte sie von 1990 bis zum Jahre 2010, also 21 Jahre lang, aus. Aufgrund ihres Engagements wurde sie 1998 als Beisitzerin in den Vorstand des Heimatvereins gewählt. Dem Vorstand gehörte sie bis 2009 an. Die plattdeutsche Sprache lag ihr sehr am Herzen. Im Anschluss an einen von ihr initiierten plattdeutschen Nachmittag am 26.9.2001 beschlossen die anwesenden Mitglieder die Gründung einer plattdeutschen Arbeitsgemein-
schaft im Heimatverein. Was lag näher, als Annemarie Clausen zur Leiterin dieser neuen Arbeitsgemeinschaft zu wählen. Diese
Tätigkeit übte Annemarie Clausen bis in das Jahr 2012 begeistert und motiviert aus. Es fanden viele gut besuchte Veranstaltungen statt. Dann übergab sie die Leitung der mittlerweile mitgliederstärksten Arbeitsgemeinschaft an Erich Petersen. Auch nach ihrer aktiven Zeit im Vorstand des Heimatvereins war ihr die regelmäßige Teilnahme an den Veranstaltungen sehr wichtig.

In Anbetracht ihres Einsatzes für den Heimatverein wurde ihr die Ehren mitgliedschaft am 17. Mai 2015 übertragen.

Hans-Christian Matzen

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